Eine Zukunft für die Kirchen in der Gemeinde Wahl

09/11/2017

Im Rahmen eines partizipativen LEADER-Projekts, hatte die Gemeinde Wahl 2016 eine ”Kirchengruppe“ aus der Dorfgemeinschaft ins Leben gerufen (zusammengestellt aus 14 interessierten Einwohnern nach einer breiten Info-Versammlung im März 2016). Diese hatte sich, unter der Leitung von Prof. Wolfgang Schmid, die Aufgabe gestellt, eine Antwort auf die Frage zu finden, wie man sich die Zukunft der sechs Kirchen der Gemeinde nach den neuen Regelungen über die Auflösung der Kirchenfabriken vorstellen kann. Dabei war NICHT vorgesehen, ein Ranking zu erarbeiten, welche der Kirchen als Kirchen erhalten, welche umgenutzt und welche aufgegeben bzw. abgerissen werden sollten. Im Vordergrund stand das Ziel, zunächst einmal innerhalb einer Gruppe interessierter Bürgerinnen und Bürger zu diskutieren, ob sie ihre Kirchen erhalten möchten, welche künftige Nutzung sie sich vorstellen könnten und inwieweit sie bereit wären, sich hierfür ehrenamtlich zu engagieren.

Wenn wir die intensiven Diskussionen im Rahmen der 5 Treffen 2016/2017 zusammenfassen, dann zeichnen sich mehrere Themenfelder ab, wobei es in jedem Fall eine beträchtliche Spannbreite an Möglichkeiten gibt, die einem entsprechenden Aufwand bzw. Kosten gegenüberstehen. Aufwand und Kosten sind jedoch nur die eine Seite der Medaille: Bei jedem der skizzierten Projekte bedarf es eines mehr oder minder großen Kreises von Aktivisten in den Dörfern, der die Federführung übernimmt und gegebenenfalls weitere ehrenamtliche Helfer mobilisiert. Hier war die Gründung einer a.s.b.l in jeder der drei Pfarreien ein wichtiger erster Schritt.

1. Die Kirche im Dorf ist ein Symbol der Dorfgemeinschaft

Die Kirche im Dorf ist ein Symbol der Dorfgemeinschaft. Sie ist auch für Personen, die der katholischen Kirche nicht angehören und nicht regelmäßig zum Gottesdienst gehen, ein identitätsstiftendes Symbol. Die Kirchen sind Leuchttürme in der Landschaft, sind Symbole unserer Geschichte, Identität und Tradition. Die Kirchtürme prägen das Ortsbild und sind weithin sichtbare Zeichen in der Landschaft.

2. Die Kirche im Dorf ist ein religiöser, aber auch ein wichtiger sozialer und kultureller Raum im Dorf

Die Kirche im Dorf war und ist ein religiöser Raum, der nicht nur für kirchliche Feste, sondern auch als Ort der Stille und der Meditation, als Ort für Begegnungen, Gespräche und Lesungen dienen kann.

3. Neue Aufgaben für alte Kirchen

Denkbar sind

  • temporäre Ausstellungen von Bildern, Plastiken und Objekten.
  • Autorenlesungen und Erzählabende, aber auch Vorträge zu historischen oder aktuellen Themen.
  • Veranstaltungen mit Vokal und Instrumentalmusik.

All dies kann als Event gestaltet werden sowie im Vorfeld und im Nachhinein in den Medien vermarktet werden.

4. Touristische Inwertsetzung der Kirchen

Die sechs Kirchen besitzen ein erhebliches Potential für eine touristische Nutzung, müssen dafür aber besser erschlossen warden (Broschüren, Informationstafeln und Führungen).

Oppe Kierchen

Durch den Beitritt zur Vereinigung “Oppe Kierchen” (grenz- überschreitendes Netzwerk mit Belgien) erhalten die Partner- Kirchen Anrecht auf einheitliches Werbematerial und eine Internet-Präsenz. Voraussetzungen für eine Mitgliedschaft sind eine Öffnung der Kirchen acht Wochen im Jahr, an drei Tagen in der Woche und an vier Stunden am Tag, eine Voraussetzung, die aufgrund der automatischen Schließanlagen in den Wahler Kirchen bereits erfüllt wären. Das Anlegen eines Rundweges, welcher die sechs Kirchen mit- einander verbindet würde dazu anregen, sie alle aufzusuchen.

Kirche in Grevels

Eine besondere touristische Attraktion stellt die eher unscheinbare Kirche von Grevels dar. 1828 siedelten sich hier Menschen an, deren Auswanderung nach Brasilien missglückt war. Der Bau einer Kirche und einer Schule im Jahre 1860 waren Meilensteine in der Entstehung einer Dorfgemeinschaft. Durch eine Anpassung der Gemeindegrenzen wurde Grevels erst 1957 zu einem vollwertigen Dorf der Gemeinde Wahl. An Hand von Bildern soll die Entstehungsgeschichte von Grevels in der Kirche sichtbar gemacht werden. Sie besitzt im Großherzogtum keine Parallele und regt dazu an, über das Thema der Migration auch im eigenen Land einmal nachzudenken.

Museum in der Kirche in Wahl

Mehrfach wurde in der Arbeitsgruppe die Möglichkeit diskutiert, eine unserer Kirchen zu einem ”Museum für das religiöse Leben auf dem Lande“ umzugestalten. Wenn wir Besuchern den Gedanken einer ”Kirche im Dorf“ vermitteln wollen, dann müssen wir uns dabei klar sein, dass nicht nur die Frömmigkeit und die Kirchlichkeit im früher einmal fast ausschließlich katholisch geprägten Luxemburg in den letzten Jahrzehnten immer mehr aus dem Bewusstsein der Zeitgenossen verschwunden ist, sondern dass die ”Kirche im Dorf“ für eine spezifisch agrarisch geprägte Frömmigkeit steht, die uns heute kaum noch vertraut ist. Bei dieser war nicht nur das Leben im Tages-, Jahres- und Lebenslauf vom kirchlichen Festkalender geprägt, sondern auch die gesamte Arbeits- und Lebenswelt. Das Vieh wurde ebenso gesegnet wie die Felder, die Donatusverehrung ersetzte die Feuerversicherung, usw. Ein Museum des religiösen Lebens innerhalb einer Dorfkirche wäre für die Luxemburgische Kulturlandschaft eine absolute Innovation.

Ein weiterer Reiz dieser Idee liegt darin, dass bezüglich der angesprochenen Fragen und der ausgestellten Exponate mit dem Musée Thillenvogtei zusammengearbeitet werden kann.

Die Umsetzung dieser Ideen wird nun in nächster Zukunft in Angriff genommen.