Landakademie – der Norden Luxemburgs als lernende Region

12/11/2005

Menschen stärken - Vernetzung fördern - Entwicklung ernten

Der Norden Luxemburgs ist eine Region im gesellschaftlichen Wandel. Durch zahlreiche erfolgreiche Initiativen der regionalen Entwicklung ist die Region prädestiniert für ein dezentrales und nachhaltiges Bildungs- und Entwicklungskonzept – die Landakademie. Mit der Landakademie soll ein vorhandener Nachholbedarf an wohnortnahen Strukturen und Angeboten der Weiterbildung ausgeglichen werden. Strukturen wie Volkshochschulen sind in Luxemburg nicht vorhanden, für viele Angebote ist bisher der Weg nach Luxemburg-Stadt erforderlich. Im Rahmen der LEADER–Initiative hat die LEADER-Gruppe Redange- Wiltz in enger Zusammenarbeit mit der LEADER-Gruppe Clervaux-Vianden ein vorläufiges Konzept einer „Landakademie“ entwickelt. Das Projekt soll Bildungsangebote in und für die Region erschließen und verfügbar machen. Bestehende Initiativen und Projekte aus dem LEADER+ Programm sollen integriert und in einer gemeinsamen Struktur weitergeführt werden. Das Projekt soll nach einer Pilotphase innerhalb der LEADER+ -Periode (2000-2006) eine eigenständige und nachhaltige Finanzierungsstruktur finden und damit dauerhaft einen wertvollen Beitrag für die regionale Entwicklung leisten.

1. Die Ziele der Landakademie

Die Landakademie will die Menschen und die Region stärken und durch eine dezentrale, vernetzte und partizipative Struktur selbst eine Referenz für ländliche Bildungsarbeit werden. Die Ziele im einzelnen:

Förderung von Bildung

  • Schaffung eines breiten, dezentralen, bürgernahen, bedürfnisorientierten Angebotes für unterschiedliche Zielgruppen inkl. benachteiligter Gruppen
  • Erreichen der gesamten Bevölkerung mit dezentralen Anlaufstellen in jeder Gemeinde
  • Schaffung eines Bewusstseins für lebenslanges Lernen – Wissensdurst stimulieren
  • Förderung der partizipativen Projektarbeit (Bürgerbeteiligung, partizipativer Lernansatz)

Stärkung der Region und der Bürger

  • Steigerung der Attraktivität der Region (Bildung als Standortfaktor)
  • Stärkung des Selbstwertgefühls der Menschen und der Region
  • Stärkung der sozialen Kohärenz und Partizipation (ausländische Mitbürger, jung + alt, Neubürger, etc.)
  • Impulsgeber für die dynamische Entwicklung der Region und der Bürger (ökonomisch, ökologisch, kulturell, sozial) – Bildung als Entwicklungsfaktor
  • Anregen regionaler Initiativen (Moderation, Animation)
  • Initiierung neuer Projekte

 

2. Die Leistungen der Landakademie

Die Arbeit der Landakademie gliedert sich in die eigentliche Weiterbildungsarbeit einerseits und in die Funktion einer Denkplattform und eines Impulsgebers für die Region andererseits. Im Bereich des Impulsgebers der regionalen Entwicklung fallen die folgenden Leistungsbereiche:

1. Plattform für Symposien, Tagungen, Stipendien
Die Landakademie fungiert als Plattform für Impulse zur Entwicklung der Region sowie innovativer Bildungsangebote. Durch Kolloquien und Symposien, durch internationale Kooperation, Stipendien und ggf. eigene Veröffentlichungen soll die Landakademie einen Beitrag zu Orientierung und Entwicklung der Region leisten.

2. Projektträger
Die Landakademie kann Träger unterschiedlichster Projekte rund um die regionale ländliche Entwicklung und Bildungsarbeit sein. Sie kann einbezogen sein in die Bürgerbeteiligung im Rahmen der regionalen ländlichen Entwicklung.


3. Beirat zur Programmentwicklung
Über einen Beirat mit Experten unterschiedlichster Herkunft kann die Landakademie sicherstellen, dass stets neue Ideen und die qualitative Weiterentwicklung gewährleistet sind.

Im Bereich der Organisation und Durchführung der Weiterbildungsarbeit werden von der Landakademie im wesentlichen die folgenden Leistungsfelder abgedeckt:

4. Bestandsaufnahme
Durch eine erstmalige und dann kontinuierlich fortgeführte Bestandsaufnahme sollen systematisch Lücken im Bildungsangebot sowie Bildungswünsche der einzelnen Akteursgruppen (Wirtschaft, Private, Institutionen, Vereine) aufgespürt werden.

5. Bewusstseinsbildung und Sensibilisierungfür Weiterbildung
Das Bewusstsein für Chancen und Möglichkeiten der Bildung soll systematisch geweckt werden. Mit Informationsveranstaltungen, Schnupperkursen, PR-Aktivitäten und gezielten Gesprächen mit Multiplikatoren soll die Nutzung von Bildung nachhaltig stimuliert und ermutigt werden.

6. Information - Organisation - Koordination
Auf Basis einer Datenbank soll stets ein aktueller Überblick über alle in der Region verfügbaren Angebote geschaffen werden. Dienstleistungen rund um Seminarorganisation, Anmeldung, Teilnehmerverwaltung, Förderung und Finanzierung schaffen Erleichterungen für Anbieter und Teilnehmer.

7. Beratung und Orientierung
Für alle Interessenten bietet die Landakademie eine umfassende Bildungsberatung an. Individuell auf die Wünsche und Bedürfnisse der Nachfrager angepasst können bedarfsgerechte Empfehlungen gegeben werden. Für Bildungsbedarf, der sich noch nicht in konkreten Angeboten wiederfindet, können eigene Initiativen gestartet werden.

8. Service und Unterstützung der Anbieter (netzwerkorientiert)
Von der Unterstützung im Marketing, über Informationsbeschaffung und Weiterbildung für Anbieter bis zur Hilfe in der Beschaffung von Fördermitteln und einem laufenden Qualitätsmanagement bietet die Landakademie ein breites Spektrum an unterstützenden Serviceleistungen für die Anbieter.
 

3. Die Organisation der Landakademie: Organisationsstruktur und Rechtsform

Die Organisationsstruktur soll eine breite Trägerschaft, Identifikation und Verankerung in der Region widerspiegeln. Sie soll demokratisch aufgebaut sein. Bürger, Gemeinden und private wie institutionelle Anbieter sollen sich in den Gremien angemessen wiederfinden. Die Rechtsform soll als Verein angelegt und ggf. später in eine Stiftung überführt werden. Die Träger bilden Vollversammlung und Vorstand. Ein fachliches Beratergremium soll durch geeignete Experten die Arbeit der Landakademie begleiten.

Bündelung durch Integration bestehender Projekte
Durch die Integration bestehender LEADER-Projekte wie Tripticon (Organisation von EDV-/Sprachkursen), Kulturwierkstat (Netzwerk (sozio-) kultureller Vereine der Region mit gemeinsamen Freizeit- Kursangeboten), Veräinswierkstat (regionale Anlauf-/Beratungsstelle für Vereine), etc., sollen in der Gremienarbeit wie in der notwendigen Infrastruktur Vereinfachungen und Bündelungen erreicht werden.


Büros und Infrastruktur
Die administrative Seite soll grundsätzlich dezentral organisiert sein. Ein repräsentativer und einprägsamer zentraler Standort (Schloss Wiltz) soll als Identifikationspunkt dienen. Projektbüros können an mehreren geeigneten Stellen dezentral angegliedert sein. Dabei sollen vor allem bestehende Einrichtungen genutzt und integriert werden. Ein Stamm fester Mitarbeiter kann durch projektbezogene Kräfte ergänzt werden. Durch eine leistungsfähige EDV kann dezentrales Arbeiten ermöglicht und unterstützt werden. Mobile Elemente zur Präsentation der Landakademie auf Messen, Festen, oder Tagen der offenen Tür ergänzen die Infrastruktur sinnvoll (Landakademie mobil). Die Angebote sollen grundsätzlich dezentral und möglichst wohnortnah durchgeführt werden. Als Veranstaltungsorte sollen in erster Linie bestehende öffentliche und private Räumlichkeiten in den Gemeinden genutzt werden.

Multiplikatoren und L–Punkte (Lern-Service-Punkte)
In jeder Gemeinde soll eine Anlaufstelle für die Bevölkerung (L-Punkt) aufgebaut werden. Die L-Punkte sollen nach Möglichkeit bei der Gemeinde angesiedelt und durch ein klar erkennbares Logo deutlich gekennzeichnet sein. Darüberhinaus kann es themen- oder zielgruppenspezifische Ansprechpartner geben (z.B. Wirtschaft: Guichet unique PME; Landwirtschaft: Landwirtschaftskammer; Forstwirtschaft: Beratungsstelle Groupement des Sylviculteurs; Tourismus: Animateurs Touristiques Ententes S.I.; Vereinswesen: Veräinswierkstat; EDV/ Sprachen: Tripticon; Kulturarbeit: Kulturwierkstat; Chancengleichheit: Gender-Haus; Jugend: Jugendhäuser; SeniorInnen: Seniorenakademie / Clubhäuser), etc.

Um jeden L-Punkt in der Gemeinde soll es ein Team von Multiplikatoren geben, die Initiativen in der Gemeinde starten und den Gedanken der Landakademie in die Bevölkerung hineintragen. Ebenso soll es übergreifend regional aktive Multiplikatoren geben, die das Anliegen tragen.

Finanzierung
Die Landakademie kann zunächst in einer Pilotphase (2006/2007) im Rahmen des LEADER+ –Programms beider Regionen finanziert werden. Bis zum Ende der Pilotphase soll eine dauerhafte Finanzierung stehen. Elemente darin sollen Förderungen von Land und EU, Beiträge der Gemeinden und Einnahmen aus den Bildungsangeboten sein. Durch die Integration bestehender Projekte, die Weiternutzung vorhandener Räume und Einrichtungen kann ein sehr gutes Kosten-Nutzen-Verhältnis erreicht werden.

Realisierung – Pilotphase
In der Pilotphase kann die Arbeit derLandakademie im Rahmen des LEADER+ – Programms starten. Mit Beginn des Jahres 2006 könnte das Projekt eingeleitet werden, erste Angebote könnten für den Herbst 2006 über die Landakademie koordiniert und angeboten werden. Im ersten Halbjahr 2006 stünde die Detailkonzeption und die Information und Beteiligung der Multiplikatoren im Mittelpunkt. Außerdem sollten in dieser Zeit die erforderlichen Strukturen für die Pilotphase aufgebaut werden. Anfang 2007 sollte dann auf der Basis einer nachhaltigen Projektstruktur der Start der Landakademie mit einer Bildungskampagne erfolgen.
 

4. Die Vorteile für Bürger, Gemeinden und Anbieter

In der Entwicklung des Konzeptes wurden die Anforderungen und Interessen der unterschiedlichen Zielgruppen systematisch berücksichtigt. Für die einzelnen Gruppen sollen vor allem folgende Vorteile durch die Landakademie entstehen:

Vorteile....

... für die Bürger:

  • besseres Weiterbildungsangebot
  • vollständige Transparenz direkt vor Ort und jederzeit
  • persönlicher Ansprechpartner vor Ort
  • Möglichkeit der individuellen Bildungsberatung
  • Stärkung des Selbstbewusstseins in der Region
  • besserer Zugang zu Beschäftigung
  • Verfügbarkeit von Angeboten, die sonst nur in Luxemburg-Stadt angeboten werden
  • Plattform für eigene Aktivitäten

... für die Gemeinden

  • verbesserte Integration und Partizipation der Bevölkerung (Alt- und Neubürger, unterschiedliche Nationalitäten, jung und alt, Vereine, etc.)
  • Erreichen von Zielgruppen, die weniger mobil sind (Kinder, Jugendliche, Hausfrauen, SeniorInnen)
  • Impulse für die Gemeindeentwicklung
  • verbesserter Service für die Bevölkerung
  • Steigerung der Lebensqualität
  • Standortfaktor für die Ansiedlung und das Bleiben von Bürgern und Unternehmen
  • Arbeitserleichterung und Angebotserweiterung mit geringen Kosten
  • Nutzung der gemeindeeigenen Veranstaltungsräume
  • Veranstalter von Bildungs- und Kulturaktivitäten

... für die Anbieter

  • Erschließen weiterer Teilnehmergruppen
  • Impulse und Erfahrungsaustausch für die eigene Weiterentwicklung
  • Organisatorische Entlastung und Professionalisierung
  • besserer Zugang zu Fördermitteln und Kooperationsprojekten


Der vorliegende Konzeptentwurf wurde seit Januar 2005 in 5 Arbeitssitzungen mit Akteuren der beiden LEADER-Gruppen Redange-Wiltz und Clervaux-Vianden sowie Vertretern der Lyzeen Wiltz und Redange und verschiedenen Weiterbildungs-Organisationen erarbeitet. Beispiele und Erfahrungen aus anderen Regionen wurden erfasst, die Arbeit der Lernenden Region im Landkreis Cham (Bayern) im Zuge einer Exkursion erkundet. Dieser Prozess soll in den nächsten Monaten mit allen betroffenen Akteuren der Region weitergeführt werden. Bis Ende 2005 werden die einzelnen Gemeinderäte persönlich konsultiert und die Fachministerien (Ministerium für Erziehung, Ministerium für Inneres und Raumplanung) einbezogen. Darüber hinaus werden die im Bereich der Weiterbildung tätigen Institutionen (Lyzeen, Berufskammern, Privatbeamtenkammer, INFPC, usw.) zur aktiven Mitarbeit eingeladen.

Beratend (Moderation, inhaltliche und textliche Ausgestaltung) zur Seite steht den LEADER-Gruppen bei diesem Prozess das Büro entra-Unternehmer Entwicklung – Systempartner der Andreas-Hermes-Akademie in Bonn.